von: Ursula Janning
Das Erleben einer für Deutsch geprägte Ohren völlig fremdartigen Sprache löst unterschiedliche Emotionen aus: Angeregte griechische Unterhaltungen klingen nach mörderartigen Streitereien, an mich gestellte Fragen stürzen mich in ungeahnte Hilflosigkeit. Wer denkt, er könne nur ansatzweise aufgrund der Ähnlichkeit des Buchstabenbildes von griechisch (kyrillisch) geschriebenen Wörtern auf deren Bedeutung schließen, befindet sich schlichtweg auf dem Holzweg! Wer hätte je gedacht, dass die mühselig erlernten Schulrussisch-Kenntnisse einiger Mitreisenden in diesem Leben noch mal zu Nutze sein würden?! Nach 14 Tagen hat sich unser gesamtgruppengriechischer Sprachschatz von "Kalimera" (Guten Morgen), "Kalispera" (Guten Tag), "Kalinichta" (Gute Nacht) auf "Yamas!" (Prost!) erweitert und wird von uns allen fließend beherrscht.
Mit vereint gemischten Kenntnissen aus Englisch, Deutsch und dem kyrillischen Alphabet meistern wir jede andere Kommunikationssituation zufrieden stellend. Notfalls helfen das strahlende Lächeln, die blitzenden Augen und das griechische Aussehen von Kerstin, unserer Mit-Reiseorganisatorin und Busfahrerin, zielsicher weiter. Kerstins bezaubernder Charme in ihrer Sorge um uns als Gruppenmitglieder kann sich dabei blitzschnell in das wilde Temperament einer griechischen Amazone verwandeln. Quasi mit dem Erklimmen des Fahrersitzes unseres geliehenen Kleinbusses erwacht das südländische Feuer in ihr. Beherzt hupend nimmt sie mit einer unglaublichen Sicherheit die engen Kurven auf den sich durch die Berge windenden Sträßchen des Pelion-Gebirges. Links Berg, rechts Abhang. Immer bereit, neue Wege zu erkunden und uns auf die traumhaften Ausblicke auf den Pegasus-Golf oder das Ägäische Meer hinzuweisen. (Sonnen-)Hut ab vor dieser großartigen Leistung!
Apropos Meer: Natürlich vereint uns alle die Liebe zum Wasser, schließlich kennen wir acht Reisenden uns vom gemeinsamen Segeln auf der Lutgerdina. Neben der "Hinspuck-Nähe" unserer Unterkunft Saily Beach zur Meerseite des Pegasus Golfes können wir die Wasser Sport-Angebote des cirka 3 Kilometer entfernt liegenden Argonautic Parks nutzen. Wir kommen dabei in unmittelbaren Kontakt mit einer Mentalität von Geschäftsführung, die das Geschick unserer Reise-Organisatoren herausfordert und uns über die lieb gewonnene und vertraute deutsche Zuverlässigkeit sinnieren lässt.
In dem behindertengerechten (die Definition entspricht zwar nicht unserer DIN-Norm-Vorstellung, jedoch sehen die Griechen die Dinge offensichtlich etwas äh, sagen wir "flexibler") Wassersportzentrum stehen uns offene Kajaks und 3 Trimarane zur Verfügung. Diese allein per Hand zu bedienenden Segelboote werden von den zumindest theoretisch geübteren Seglern genutzt soweit es Wind und Wetter zulassen. Die Einer- und Zweier-Kajaks paddeln wir anderen in unterschiedlichster Besetzung während in der Mitte der malerischen Bucht die 3 Segelboote ihr Gefühlvolles Ballet tanzen. Sollte es beim Aussteigen aus den Kajaks Schwierigkeiten geben, löst eine halbe Eskimorolle ins tiefblaue Nass für manchen unverhofft und pragmatisch das Problem.
Schon am frühen Morgen blauer Himmel, vielstimmiges Vogelgezwitscher den ganzen Tag, sanftes Blätterrauschen der Schatten spendenden Bäume und abends das angeregt unterhaltende Gequake der Frösche wir sind in Griechenland! Genauer gesagt auf der Halbinsel Pelion in dem verträumten Dörfchen Koropi.
Hier gehe die Uhren und damit meine ich nicht nur die griechsch-orthodoxe Kirchturmuhr des Dorfes einfach anders. Der sich nur langsam ausbreitende Tourismus überdeckt noch nicht die Ursprünglichkeit und Schönheit der Gegend. Ginster und Oleander in voller Blüte, Obstbäume mit an Urlaub erinnernden Orangen, Zitronen und Feigen, geheimnisvoll silbrig schillernde Olivenhaine und das vom hellen Türkis bis zum tiefgründigen Petrol schimmernde Meer: Laut Reiseführer soll hier der "Spielplatz der Götter der Antike" gewesen sein also gerade richtig für unseren zweiwöchigen Urlaub!
Wir sind untergebracht im Saily Beach Hotel in Koropi, einem liebevoll ausgestatteten, behindertenfreundlichem kleinen Hotel nahe dem Meer. Blumen, Bäume, das klare Wasser im Pool und lauschige Ecken laden unmissverständlich zum Erholen ein. Jeden Tag aufs Neue erfahren wir, dass die griechische Küche weit mehr zu bieten hat als Tsatziki, Souvlaki, Gyros und Co. Mit unseren zahlreichen "Mmmhs" und "Ohs" überwinden wir die Sprachbarrieren und drücken unsere Begeisterung aus. Dies wiederum führt zu mehreren gnadenlos spendierten Lagen eines pelianischen Natiionalgetränkes, genannt "Tsipouro". An dieser Stelle möchte ich meine Schilderung vielleicht bei dem Satz belassen: Wer Ouzo mag, trinkt auch Tsipouro. Hochprozentige Medizin, die für meine Geschmacksnerven eine zu große Herausforderung darstellt
Die Temperaturen laden vor allem in unserer ersten Urlaubswoche regelmäßig zu einem Bad in dem wärmeren, mediterranen Meerwasser ein. Die Hauptsaison hat noch nicht begonnen und die Zahl der Strandbenutzer hält sich erfreulich in Grenzen.
Untypisch für diese Jahreszeit führt ein Sturm mit Regen und starker Brandung zu größeren Schäden im Wassersportzentrum. Erst nach zwei Tagen ist Poseidon, der griechische Meeresgott, offensichtlich soweit beruhigt, dass der Wellengang wieder Aktivitäten auf dem Wasser zulässt. Die Gewalt des grollenden Wassers zeigt sich auch an den überspülten Terrassen der romantisch am Meer gelegenen Straßen-Cafés und Restaurants der kleinen Ortschaften unserer Halbinsel. Wir nutzen die Zeit für Ausflüge in die Umgebung und lernen so verschiedene verschlafene Bergdörfer, ein griechisch-orthodoxes Kloster in Vorbereitung auf das bevorstehende Pfingstfest und andere Sehenswürdigkeiten an den steilen Hängen des Pelion-Gebirges kennen.
Eines der vielen Highlights unserer Reise ist unbestritten das Ablegen der historischen Groß Segler zu einer internationalen Regatta aus dem Hafen von Volos. Die majestätisch wirkenden, zumeist Rah-Segler aus aller Herren Länder (z.B. die "Alexander von Humboldt" aus Deutschland, die "Mir" aus Russland etc.) machen sich gemeinsam auf den Weg nach Bulgarien. Eine Atmosphäre von Freiheit und Eroberung liegt in der Luft und ergreift die staunenden, mitfeiernden Zuschauer. Applaus geleitet die männlichen und wenigen weiblichen Seeleute hinaus aus dem Hafen auf das offene Meer dorthin, wo der Mensch nur noch ein kleiner Teil im Spiel der Naturgewalten ist und Ehrfurcht, Klugheit und Geschicklichkeit zum Erreichen des Zieles gefordert sind.
Bleibt als Fazit dieses wundervollen Urlaubes festzuhalten, dass Griechenland trotz politischer Lage eine Reise wert ist! Ein Dank nochmals an die Organisatoren, Michael und Kerstin Wendt und Michael Wolter, die sich auf ihre zuverlässige, geduldige und humorvolle Art um alles gekümmert haben! Ich habe einen wundervollen, erholsamen Urlaub mit Ereignisreichen Erlebnissen verbracht und verbleibe mit einem herzlichen
"Adio" in Griechenland oder anderswo!